Einweihung Flühli
Das Alchenflüh- Flühli
Dass sich die Gemeinde dazu durchringen konnte, diesem historischen Überrest eine Tafel zu widmen, finde ich persönlich höchst verdienstvoll. Der Zeitpunkt ist dabei gut gewählt: Bald wird der Bahnhof Geschichte sein und verschwinden wie die Fluh und das Bahnhofquartier wird wohl endgültig ein ganz anderes, neues Gesicht erhalten. Gut also, dass noch ein Ortszeuge übrig bleibt.
Dieser Fels hier ist nämlich mit der Bahngeschichte eng verbunden, ist er doch Teil einer wesentlich grösseren Fluh, die von unserem Standort bis an die Burgdorfstrasse reichte und auch viel breiter war. Wie hoch sie war, wissen wir nicht. Der Plan, der auf der Tafel reproduziert ist, zeigt aber, dass sie durch eine Treppe bestiegen werden konnte. Diese Fluh bestimmte das Ortsbild von Alchenflüh bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Als dann die sog. Emmentalbahn 1874/75 gebaut und die Streckenführung über Alchenflüh festgelegt war, musste der grössere Teil der Fluh abgetragen werden. Das Archiv der Emmentalbahn (und späteren EBT bzw. RM) wurde kurz nach Erscheinen unseres Ortsbuches dem Staatsarchiv übergeben. Ich konnte hinterher noch eine Fotographie des Abbaus der Fluh betrachten und staunend feststellen, dass dies mit Muskelkraft, d.h. Pickel und Schaufel geschah.
Das also ist die Geschichte dieses vor uns liegenden Brockens. Sie geht aber weiter, denn die Gemeinde wusste erst nicht, was sie mit ihm anfangen sollte und liess ihn einfach sein. So wurde er ein Ort für Kletter- und Räuberspiele und brachte der Gemeinde ständige Reklamationen der Anstösser ein, deshalb liess sie schon 1928 das Grundstück kurzerhand einzäunen. Die Ruhe war jedoch nicht hergestellt, der Spielplatz blieb und war in den 1940er Jahren auch mir als Ferienbub im Restaurant Bahnhof nicht unbekannt. Aber der Fels vergammelte nach und nach und wurde von Bäumen und Pflanzen übewuchert, das Grundstück verwilderte. Damit gerieten der Fels und seine ursprünglichen Masse in Vergessenheit. Und zwar gründlich:
Interessierte und auch die Behörde fragten immer wieder, woher denn der Namensbestandteil Fluh im Ortsnamen Alchenflüh stamme. Da nirgends eine Fluh zu sehen war und auch niemand an das überwachsene Restflühli dachte, fand man keine Antwort. Bis wir uns 2010 daran machten, ein Ortsbuch zu schreiben und begannen, die Pläne in unserem Archiv und im Staatsarchiv zu untersuchen. Diese brachten die alte Fluh wieder in Erinnerung: Wir fanden sie sowohl in einem alten Schachenplan von 1642 als auch auf dem hier auf der Tafel abgedruckten Geometrischen Plan( 1747/52). Selbstverständlich fanden wir die Fluh auch auf einem Situationsplan der Bahnbauer aus dem Jahr 1874. So war die Geschichte der Fluh zu rekonstruieren und so fand sich endlich die Erklärung für flüh.
Wir stehen also heute und hier vor einem jämmerlichen Rest dessen, was einst eine Fluh war und den Ort bezeichnet, der die heutige Adresse vieler Einwohner betimmt. Und wir wissen jetzt, dass wir an einem historischen Ort stehen, der unsere Beachtung verdient, weil er für unsere Gemeinde von Bedeutung ist. Erfreulich ist, dass dies von Ulrich Hegnauer unterstrichen wird durch seine Alphornkomposition Bim Flüehli.
Heinz E. Herzig